Herausforderungen für die europäische GVO-Politik

Ein neu erschienener Artikel beschreibt was passieren muss, um Probleme mit Genome Editing in der Europäischen Gentechnikregulierung zu vermeiden.


Bildquelle: H. Perner
Bildquelle: H. Perner

Im ersten Teil gibt der Artikel einen Überblick über die rechtlichen und verfahrenstechnischen Unsicherheiten, die gegenwärtig bestehen in Bezug auf Organismen, die mit Genome Editing gezüchtet wurden. Solche Unsicherheiten bestehen, wenn mit Genome Editing bearbeitete Organismen nicht von Organismen unterschieden werden können, die mit herkömmlichen Techniken wie Kreuzung oder bestrahlungs-Mutagenese gezüchtet wurden. In diesem Fall können identische Organismen entweder dem GVO-Gesetz unterliegen oder aufgrund der Verwendung einer nicht identifizierbaren Technik von der Regulierung ausgenommen werden. Die Regulierungsbehörden sind mittel- und langfristig möglicherweise nicht in der Lage, das GVO-Recht für solche Fälle durchzusetzen. Da andere Rechtsräume (Argentinien, Brasilien, Kanada, USA etc.) solche Organismen nicht als GVO regulieren, könnten insbesondere versehentliche Einfuhren auftreten und die europäische GVO-Gesetzgebung untergraben.

In einem zweiten Teil zeigt der Artikel auf, was für Möglichkeiten zur Gestaltung des Gentechnikrechts bestehen, um diese Probleme zu vermeiden. Dies beginnt schon bei der Umsetzung des Rechts durch die zuständigen Behörden. In naher Zukunft werden die EU-Kommission sowie europäische und nationale Regulierungsbehörden darüber entscheiden, wie die nach einem letztjährigen Urteil zum Begriff der Mutagenese (siehe früherer Beitrag) aktualisierte Rechtsauslegung anzuwenden ist. Um die derzeitigen Rechts- und Verfahrensunsicherheiten abzumildern, besteht ein erster Schritt darin, alle Leitfäden zu aktualisieren, um Genome Editing gezielt anzusprechen und eine differenzierte Bewertung für verschiedene Arten von GVO zu ermöglichen. Insbesondere Organismen, die mit neuen Techniken gezüchtet werden, die sich nicht von Organismen unterscheiden lassen, die mit herkömmlichen Züchttechniken gezüchtet werden und deren Merkmale keine bekannten Risiken darstellen, sollten von einem dynamischeren und vorhersehbareren Genehmigungsverfahren für die Freisetzung von GVO profitieren, einschließlich einer Lösung zur Bereitstellung eines „Unique Identifiers“. Diese Änderungen können zum Teil durch die Nutzung bestehender Flexibilität im GVO-Recht erreicht werden. In einem zweiten Schritt muss aber jedes weitere Vorgehen auf die Änderung, Ergänzung oder Ersetzung bestehender Gesetze und Richtlinien abzielen – insbesondere der Europäischen GVO-Richtlinie (2001/18/EG) – denn vor allem der zuvor angesprochene Vollzugsnotstand lässt sich anders kaum vermeiden.

Die in dem Artikel vorgestellten technischen, verfahrensrechtlichen und politischen Optionen setzen eine gewisse Reformbereitschaft voraus. Dies ist in der aktuellen politischen Situation vielleicht nicht realistisch. Wenn jedoch die Probleme des geltenden GVO-Rechts einfach ignoriert werden, ergibt sich in dem Bereich eine langfristig lähmende Rechtsunsicherheit, die auch Forschung und Handel betrifft. Zudem gibt Europa dann die Möglichkeit auf, die weltweite Entwicklung von GVOs ökonomisch und ökologisch nachhaltiger zu gestalten.

Quellenangaben

Wasmer, M. (2019). Roads Forward for European GMO Policy—Uncertainties in Wake of ECJ Judgment Have to be Mitigated by Regulatory Reform. Frontiers in Bioengineering and Biotechnology, 7(132), 1–12. https://doi.org/10.3389/fbioe.2019.00132


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