Die Zukunft der Rinderzucht neu definieren

Ein neues Projekt zur Tierzüchtung mit Recht und Ethik am Leibniz-Institut für Nutzierbiologie (FBN)


Leibniz-Wissenschaftler aus MV koordinieren millionenschweres internationales Forschungsprojekt Wissenschaftler aus der EU, Kanada und Australien starten im September unter der Federführung des FBN ein großangelegtes Forschungsvorhaben, um Funktionen in der Erbsubstanz zu finden, die für die Diversität und Veränderung von Merkmalen bei Rindern relevant sind (BovReg*).

Weltweit beteiligen sich daran zwanzig führende Labore, deren Mitarbeiter aus unterschiedlichsten Fachbereichen ein globales interdisziplinäres Team bilden. Koordiniert wird das EU-Projekt mit einem Fördervolumen in Höhe von 6 Mio. Euro und einer Laufzeit von vier Jahren im Rahmen des EU-Forschungsprogramms H2020 von Professorin Dr. Christa Kühn, der Leiterin des FBN-Institutes für Genombiologie.

„Das FBN ist nicht nur erstmals der zentrale Koordinator eines derart bedeutenden EU-Projektes. Neben dem Projektmanagement sind wir auch mit zwei Teilinstituten, nämlich der Genombiologie und Fortpflanzungsbiologie, maßgeblich in der Forschung vertreten“, betonte FBN-Vorstand Professor Dr. Klaus Wimmers. „Dafür erhält das FBN EU-Forschungsgelder von insgesamt 1,1 Mio. Euro.“ Der offizielle Start (Kick-off) des Forschungsprojektes mit Wissenschaftlern aus allen 15 Partnerländern findet am 23. und 24. September in Dummerstorf statt.

Die Entschlüsselung des Rindes

Die Rinderhaltung steht im Spannungsfeld zwischen einer wesentlichen Rolle für eine effiziente Welternährung einerseits und kritischen Diskussionen hinsichtlich Tierwohls und Umweltfolgen andererseits. Trotz enormer Fortschritte in der funktionellen Genomanalyse und den modernen molekularbiologischen Forschungsmethoden bestehen nach wie vor große Wissenslücken im Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Erbanlagen und Umwelteinflüssen, die letztendlich das Erscheinungsbild eines Tieres, z.B. des Rindes, prägen.
„Das Forschungskonsortium wird daher eine umfassende Karte der funktionell aktiven Regionen im Rindergenom erstellen und aufklären, wie genetische Variationen sich innerhalb von verschiedenen Rassen oder zu unterschiedlichen Entwicklungsphasen auswirken“, erläuterte Prof. Christa Kühn. „Diese Schlüsselinformationen werden für eine zukunftsfähige Nutztierhaltung in der Praxis sowie auch für die Grundlagenforschung dringend benötigt.“

Mit BovReg werden detaillierte Kenntnisse über Merkmale des Rindes in Bezug auf Robustheit, Gesundheit und biologische Effizienz gewonnen. In dem Projekt geht es speziell auch um Eutergesundheit und eine Begrenzung des Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung. Neben den Experten aus der Rinderforschung sind in dem Verbund zahlreiche Spezialisten aus der Bioinformatik, Molekulargenetik, quantitativen Genetik, Tierzucht, Reproduktionsphysiologie, aber auch aus der Ethik und den Sozialwissenschaften vertreten. Aus den genetischen Analysen sollen internationale Standards erarbeitet und neue bioinformatische Methoden etabliert werden, die in das weltweite molekularbiologische Kompetenznetzwerk „Functional Annotation of Animal Genomes (FAANG/animalgenome.org)“ einfließen und allen Wissenschaftlern zur Verfügung stehen. Parallel zur ENCODE-Initiative (encodeproject.org), die sich der Funktionsweise des menschlichen Genoms widmet, befasst sich FAANG mit der Identifizierung funktionaler Schaltstellen in der tierischen Erbinformation. Das Know-how soll gezielt auch für bislang wenig verbreitete Rinderrassen von lokaler Bedeutung nutzbar sein und damit zur Erhaltung der biologischen Vielfalt der Nutztiere beitragen.

*BovReg - Identification of functionally active genomic features relevant to phenotypic diversity and plasticity in cattle (Identifizierung von funktional aktiven Bereichen im Genom, die für die Diversität und Plastizität von Merkmalen von Rindern relevant sind.)

Quellenangaben

Pressemitteilung von Norbert v. Borowy vom Informationsdienst Wissenschaft, https://idw-online.de/de/news723620


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