Sollen gentechnisch veränderte Kulturpflanzen in der EU angebaut werden?

Die Mitgliedsstaaten sollten selber darüber entscheiden können.


Der Anbau gentechnisch veränderter Kulturpflanzen ist seit langem ein Streitpunkt in der Europäischen Union. Jetzt schlägt eine Gruppe von Experten in den Bereichen Biotechnologie und Gesetzgebung in der Veröffentlichung "Why the European Union needs a national GMO opt-in mechanism" im Journal Nature Biotechnology einen Mechanismus vor, der die politischen Aspekte im Genehmigungsverfahren reduzieren könnte.

Seit vielen Jahren leidet die Europäische Union (EU) an einem nicht funktionierenden Abstimmungsverfahren für die Genehmigung des kommerziellen Anbaus gentechnisch veränderter (GV) Kulturpflanzen in den EU-Mitgliedsstaaten. Zahlreiche Mitgliedsstaaten zeigen regelmäßig ein eher politisch als wissenschaftlich motiviertes Abstimmungsverhalten.
Um die Probleme dieses Verfahrens zu überwinden, empfehlen mehrere Experten der Europäischen Kommission, eine Regulierung zu entwickeln, die einzelnen Mitgliedsstaaten erlaubt, den Anbau von GV Kulturpflanzen zu genehmigen, die eine Sicherheitsbewertung auf Europäischer Ebene durchlaufen haben. Dies würde den Mitgliedsstaaten ermöglichen, ihren regionalen Bedürfnissen entsprechend Kulturpflanzen mit neuen Eigenschaften zu akzeptieren. Dieses Verfahren würde auch den Druck von der Europäischen Kommission nehmen, Entscheidungen gegen den Willen einzelner Mitgliedsstaaten treffen (oder nicht treffen) zu müssen.
Seit zwei Jahren erlaubt eine neue Regulierung einzelnen Mitgliedsstaaten, den Anbau von GV Kulturpflanzen trotz ihrer EU-weiten Anbauzulassung zu untersagen. Dies bedeutet eine Entfernung von dem Harmonisierungsbestreben der GVO-Richtlinie und erlaubt den Europäischen Regierungen, das Heft selber in die Hand zu nehmen. Aus Konsistenzgründen sollten die Mitgliedsstaaten das korrespondierende Recht erhalten, den Anbau von GV Kulturpflanzen auf ihrem Territorium zu erlauben.
“Die Sicherheitsbewertung sollte so wie heutzutage auf europäischer Ebene unter Führung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erfolgen“, betont Dennis Eriksson, Hauptautor des vorliegenden Vorschlags. „Dies ermöglicht umfassende und konsistente Bewertungen durch hoch qualifizierte und unabhängige Experten, die auf umfangreiche Ressourcen zurückgreifen können. Unser Vorschlag würde ebenfalls eine besser vorhersagbare Situation für die Landwirte und den Markt schaffen. Einzelne Mitgliedsstaaten könnten sich für die Anwendung von Pflanzeneigenschaften entscheiden, die z.B. den Gebrauch von Pflanzenschutzmitteln reduzieren, zu Gluten-freien Getreidesorten führen oder die ernährungsphysiologischen und gesundheitsfördernden Qualitäten unserer Lebensmittel steigern können.“

Kontaktinformation:
Prof. Dr. Joachim Schiemann
Ehemals Julius Kühn-Institut
joachim.schiemann@julius-kuehn.de
Tel.: 03946 47 503

Quellenangaben

Dennis Eriksson (Hauptautor von der Swedish University of Agricultural Sciences), Eugénia de Andrade, Borut Bohanec, Sevasti Chatzopolou, Roberto Defez, Nélida Leiva Eriksson, Piet van der Meer, Bernd van der Meulen, Anneli Ritala, László Sági, Joachim Schiemann, Tomasz Twardowski & Tomáš Vaněk. Why the European Union needs a national GMO opt-in mechanism. Nature Biotechnology 2018, 36(1): 18-19.
 

 


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