Die Methoden des Genome Editing dienen dazu gezielte Mutationen in einem Genom hervor zu rufen. Diese kleinen Veränderungen am Erbgut der Nutzpflanzen, -tiere und Pilze werden in Eigenschaften sichtbar, die den Menschen einen Vorteil bringen können: 1. Eine Weizenpflanze, die gegen Mehltau, eine weit verbreitet Pilzerkrankung, resistent ist und deshalb seltener mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden muss, 2. eine Milchkuh ohne Hörner, wodurch die Verletzungsgefahr der Tiere und Menschen verringert wird und die unangenehme Prozedur der Hornentfernung entfällt, oder 3. ein Champignon, der nach der Ernte langsamer verbraunt und dadurch weniger schnell im Abfall landet. Das sind alles Beispiele genomeditierter Organismen. Neben den rein technischen Veränderungen des Genoms und den daraus resultierenden Eigenschaften, gibt es weitere Aspekte, die bei Genome Editing beachtet und eingehend geprüft werden müssen.
Umwelteinflüsse
Wie kein anderer Berufszweig ist die Landwirtschaft abhängig von der Natur mit ihren wechselnden Wetterlagen, Bodenverhältnissen und Krankheiten. Nicht nur wir Menschen mögen die landwirtschaftlichen Produkte, sondern auch viele Viren, Pilze und Insekten. Zusätzlich verändert sich das Klima insgesamt. So sagt beispielsweise das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung für die vom Kontinentalklima beeinflussten Regionen im Osten Deutschlands trockenere und wärmere Sommermonate voraus. Den steten Veränderungen passen sich die Landwirte an, in dem sie in der Pflanzenproduktion zum Beispiel bewässern, die Kulturen wechseln, Pflanzenschutzmittel einsetzen oder andere Sorten anbauen. Für sie könnten neue und angepasste Züchtungen ein weiterer Baustein in ihrem Vorsorgeprogramm sein.
Wahlfreiheit der Verbraucher
Nahrungsmittel bilden die Lebensgrundlage aller Menschen. Es ist für sie wichtig sich darauf verlassen zu können, dass Lebensmittel auf gesundheitsschädigende Stoffe geprüft sind. Manche Verbraucher versuchen durch ihr Kaufverhalten wirtschaftliche Faktoren zu beeinflussen. Sie möchten über die Wahl ihrer Nahrungsmittel beispielsweise einen Beitrag zu nachhaltigen Anbaumethoden oder faire Arbeitsbedingungen leisten. Welches sind ihre Entscheidungskriterien? Entscheidend neben dem Preis ist ihr Wissen über das Produkt, wie zum Beispiel Geschmack, Herkunft und Herstellung. Fehlendes Wissen wird durch Vertrauen in Dritte ersetzt, die sich mit dem Produkt auskennen, es geprüft und für gut befunden haben. Dass können beispielsweise die Prüfbehörden, eine Verbraucher- oder Umweltschutzorganisation, Medien, Bekannte oder Verwandte sein. Ein Weg über Eigenschaften des Produkts zu informieren ist die Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse.
Rechtssicherheit
Doch nicht nur die Verbraucher und Verbraucherinnen brauchen Sicherheit. Seit Juli 2018 gibt es eine Entscheidung vom Europäischen Gerichtshof, die Organismen, die mit Genome Editing verändert wurden als Gentechnik einstufen. Damit ist klar, dass in Europa eine Veränderungen des Erbguts anhand der Methode (prozessbasierte Bewertung) und nicht anhand der Eigenschaften (produktbasierte Bewertung) bewertet wird. Die Züchtungs- und Landwirtschaftsbetriebe brauchen klare rechtliche Vorgaben, um langfristige Investitionen tätigen zu können und ihren Betrieb wirtschaftlich zu führen. Zum Beispiel braucht die Pflanzenzüchtung bis zu 20 Jahre, um eine neue Sorte auf den Markt zu bringen. Außerdem ist die Landwirtschaft genauso wie andere Wirtschaftszweige global eingebunden. Züchtungsmaterial wird ausgetauscht, Futtermittel und Nahrungsmittel werden in Länder importiert und exportiert, die eine andere Rechtslage haben als die Europäische Union. Forschungsgruppen versuchen mit den neuen Techniken die Aufgaben der einzelnen Gene besser zu verstehen. Auch sie brauchen Rechtsicherheit für ihre Arbeit.
Forschungsansatz des ELSA-GEA Projekt
Die beschriebenen Hintergründe geben nur einen kleinen Teil der vielfältigen Aspekte wieder, die den Umgang mit Genome Editing in unserer Gesellschaft beeinflussen werden. Einige dieser Aspekte werden in dem Projekt ELSA-GEA aufgegriffen. Systematisch werden ethische, rechtliche und sozio-ökonomische Aspekte zusammengetragen sowie Risikoabschätzungen erarbeitet. Die Forschungsgruppe vom Julius Kühn-Institut für die Sicherheit biotechnologischer Verfahren bei Pflanzen in Quedlinburg vergleicht systematisch wissenschaftliche Studien zu Genome Editing, um Nutzen und Risiken abzuschätzen, wohingegen die Forschenden der Sozioökonomie vom Julius Kühn-Institut für Strategien und Folgenabschätzung in Kleinmachnow Szenarien simulieren, wie die Auswirkungen von Genome Editing auf Gesellschaft und Wirtschaft aussehen könnte. Die Forschungsgruppe vom Institut Technik-Theologie-Naturwissenschaften in München diskutiert, wie die Kennzeichnung von genomeditierten Produkten aus ethischer Sicht gestaltet werden könnte. Die Rechtswissenschaftler und Wissenschaftsphilosophen aus dem Centre for Ethics and Law in the Life Sciences in Hannover beobachten und bewerten nationales und internationales Recht. Die Forschenden des Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam kommunizieren die Ergebnisse des Projekts auf der Webseite und versuchen ein ganzheitliches Bild des Genome Editings in der Landwirtschaft abzubilden. Zusätzlich werden Akteure, die sich mit Genome Editing beschäftigen, zu drei Workshops eingeladen, um über die beschriebenen Themen zu diskutieren.
Auf diese Weise soll Dialog GEA eine wissensbasierte öffentliche Debatte über Genome Editing fördern und Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft wissenschaftlich fundierte und verständlich aufbereitete Beiträge bieten.