Mit RNA-Interferenz (kurz: RNAi) bezeichnet man eine Unterbrechung bei der Übersetzung (Translation) der mRNA in ein Protein. Es handelt sich hier also um eine Form der Genregulation, indem ein bereits transkribiertes Gen nicht oder nur in geringem Umfang in ein Protein umgesetzt wird (Gene-Silencing). Da die RNA-Interferenz in der Regel nach der Transkription einsetzt, wird sie auch als Posttranskriptionelles Gene-Silencing (PTGS) bezeichnet.
RNA-Interferenz als Abwehr
Natürliche RNA-Interferenz tritt bei fast allen eukaryotischen Lebensformen auf. Sie dient in der Regel der Abwehr von Viren. Diese ’erobern’ eine Zelle, indem sie ihre Erbsubstanz in das Genom der Zelle einbauen, das dann vervielfältigt wird (vgl. Transposons) oder die Zelle so umpolen, dass sie vermehrt die Viren-DNA (oder RNA) kopiert. Die veränderte Wirtszelle setzt die neuen Viren frei, z. B. durch Zelllyse (Auflösung der Zelle), die wiederum neue Zellen besetzen und umprogrammieren. Als Gegenwehr haben Eukaryoten unter anderem die RNA-Interferenz entwickelt. Sie zielt insbesondere auf die Abwehr von RNA-Viren.
Anwendung
Diese Technik kann natürlich auch künstlich eingesetzt werden, indem man passend zu einer mRNA konstruierte siRNA in eine Zelle einschleust (transfiziert), die dann die Translation des Proteins verlangsamt oder ganz verhindert. Interessant ist das vor allem, wenn man die Funktion bestimmter Gene kennen lernen will: Durch diese Technik können sie ausgeschaltet werden und man kann beobachten, welche Abläufe davon beeinträchtigt werden. Techniken des Gen-Silencing (also auch die Arbeit mit Antisense-RNA) werden zum Beispiel in der Pflanzenforschung eingesetzt: Bei der ersten Transgen-Tomate FlavrSavr (auch ’Anti-Matsch-Tomate’ genannt), wurde das Gen zur Reifung über eine eigens konstruierte Antisense-RNA gezielt ausgeschaltet. Die Gen-Kartoffel ’Amflora’ wurde mittels Antisense-RNA so konstruiert, dass sie nur noch Amlyopektin produziert und keine Amylose mehr, so dass diese beiden Stoffe nicht mehr aufwendig industriell getrennt werden müssen.
Eine andere Möglichkeit ist die künstliche Hemmung der Pollenreife in transgenen Pflanzen, so dass diese sich nicht mehr verbreiten können.
Aber auch bei der Bekämpfung von Krankheiten kann die RNA-Interferenz hilfreich sein, so etwa bei der Behandlung von Krankheiten wie durch Viren bedingte Infektionen oder Krebs. Da die RNA-Interferenz erst in den 90er Jahren entdeckt wurde, steckt die Forschung zu diesem Thema allerdings noch ganz am Anfang.
Weitere Informationen zur RNA-Interferenz gibt es bei Nature Reviews Genetics (englisch).